Am 19. Dezember war es bei save me Bonn soweit: Die Flüchtlingsinitiative lud zur Weihnachtsfeier. Zum gemütlichen Beisammensein, gemeinsamen Essen und Feiern, Genießen der besinnlichen Stimmung und Revue-passieren-lassen der Geschehnisse des Jahres 2017, bevor sich alle in die Weihnachtspause verabschieden würden. Etwa 50 Personen folgten der Einladung in das Gemeindezentrum der Marienkirche in der Bonner Altstadt. Unter ihnen Organisatoren des save me – Teams, Teilnehmende des Mentorenprogramms, Menschen, die regelmäßig an den save me – Freizeitaktivitäten teilnehmen, oder nur zufällig hier gelandet und dem Schild zur save me – Weihnachtsfeier gefolgt waren, das ich unten an der Eingangstür aufgehängt hatte.
Ich bin Eva, derzeit noch Studentin der Entwicklungsökonomie, und kurz nach meinem Umzug nach Bonn seit fünf Monaten im Freizeitprogramm von save me Bonn aktiv. Ich bin also zum ersten Mal bei einer Weihnachtsfeier von save me Bonn dabei und darf von meinen Eindrücken berichten.
Der Weihnachtmann zu Gast
Zwischen adrett gekleideten, erwartungsvollen syrischen Müttern begegne ich dort Alui aus dem Irak, der sich mit seiner Jogginghose schon auf den nachfolgenden Besuch im Fitnessstudio vorbereitet. Unter einer Gruppe mir bekannten Gesichtern, die im letzten save me – Café schon Tänze für die heutige Feier eingeübt hatten, steht Mirvat aus Syrien, die an diesem Tag zum ersten Mal an einer save me -Veranstaltung teilnimmt. Mohamad, ebenfalls aus Syrien, hat sie kurz vorher in der Stadt getroffen und spontan zur Weihnachtsfeier mitgenommen. Neben leuchtenden Kinderaugen reihen sich Personen älterer Jahrgänge, deren Blicke zwischen der im Hintergrund laufenden Bildershow vergangener Events und dem winkenden, luftaufgeblasenen Weihnachtsmann auf der Bühne hin- und herschwanken. Zum gemütlichen Plausch stehen die Gäste an den kerzenerleuchteten Stehtischen und bedienen sich am Büffet mit Hummus, Spritzgebäck, Weckmännern mit Rosinenaugen und arabischem Fladenbrot.
Die Kinderaugen leuchten noch mehr, als vor der Tür ein Glockenläuten zu hören ist. Auf die Bühne gesellt sich zum luftgefüllten Weihnachtsmann eine sehr lebendige Version mit langem Bart, rotem Gewand und prall gefülltem Jutesack. Schnell versammeln sich die Kleinen um den großen Mann, der jetzt die ungeteilte Aufmerksamkeit aller innehat. „Weil ihr so tolle Kinder seid, bekommt ihr alle einen Weihnachtsmann!“ Und der ist natürlich aus Schokolade.
Alui, der das ganze Treiben lächelnd mitverfolgt, hat sein ganz persönliches Weihnachtsgeschenk schon am vorigen Tag bekommen, auch wenn Weihnachten für ihn eigentlich keine Rolle spielt: Die Zusage für eine Ausbildungsstelle in seinem Traumberuf als Zahntechniker wird nun auch ihm eine fröhliche Weihnachtszeit bescheren.
Aber auf der Bildershow mit save me – Aktionen hat Alui soeben das Gesicht eines Freundes erkannt, der jetzt wieder zurück in seiner Heimat ist. Unfreiwillig, natürlich. Denn Heimat, das ist für viele hier Anwesende derzeit nicht nur Ort der Familie, nach der wir uns jetzt an Weihnachten so sehnen. Es ist auch Ort der Erinnerung an die Erlebnisse rund um die Flucht. „Es ist okay“, meint Alui, immer noch lächelnd, auch wenn man ihm ansieht, dass er traurig ist.
Tanzen zu arabischen Klängen
Die Fröhlichkeit ist den immer noch strahlenden Kindern anzusehen, die in der Mitte des Raumes als erstes ihre kurzen Tanzbeine schwingen, als das gerade noch erklingende „Last Christmas“ von arabischen Klängen abgelöst wird. Rasch füllt sich die Tanzfläche. Araber, Kurden, Deutsche, Hand in Hand. Jeder mit einer eigenen Interpretation der Schrittfolge, aber egal. Eine haltende Hand und freudige Gesichter sind in diesem Moment viel mehr wert als korrekte Tanzschritte. Das meint auch Mirvat, die ja nur aus Zufall auf der Weihnachtsfeier gelandet ist: sie will beim nächsten Event wieder mit dabei sein, weil es ihr hier so gut gefallen hat.
Und kurz bevor sich die Feiergemeinschaft nach zweieinhalb Stunden auflöst, bleibt mir noch ein Satz von Hassan sehr eindrücklich im Gedächtnis, der aus Syrien kommt, und der nach langer Suche endlich ein Praktikum beginnen kann. „Ich bin auf dem Weg.“ Das sind wir alle. Tag für Tag. Und diese bunte Weihnachtsfeier war ein sehr schöner Zwischenstopp, auf diesem Weg.
Dieser Beitrag wurde von Eva Greber verfasst (Dezember 2017).
Fotos von Mohamad Khamam für save me Bonn.