Kennen gelernt haben sich Hannah (25) und Malak (19) über das Mentorenprogramm von save me Bonn. Heute sind die beiden Freundinnen und lernen gegenseitig voneinander. Das zeigt, wie Integration gelingt.

Den Anstoß gab eine Gitarre, welche die 19-jährige Malak zum Geburtstag geschenkt bekommen hatte. Nur konnte sie das Instrument gar nicht bespielen. Ein Tipp im Jobcenter führt die geflüchtete Frau aus Afrin in Syrien kurze Zeit später mit ihrer Anfrage zu save me Bonn. Nadja Müller de Ossio hat im Sommer 2016 zwar keinen Gitarrenlehrer zu Hand, erzählt ihr aber vom Mentorenprogramm. Malak versteht nicht ganz genau, was es damit auf sich hat, aber sie denkt sich: „Warum nicht? Vielleicht lerne ich ja doch noch Gitarre spielen.“ Und sie meldet sich an.

Jung trifft auf jung

Drei Monate später trifft sie die 25-jährige Hannah. Die beiden verstehen sich auf Anhieb. Seit diesem Tag im September 2016 sehen sich die beiden jungen Frauen ungefähr einmal die Woche. Treffen sich in der Uni, um Malaks Deutsch weiter auszubauen, das schon auf einem sehr guten B1-Niveau ist. Sie quatschen, gehen wandern und lachen sehr viel. Hannah ist Malaks Mentorin und soll der geflüchteten Frau bei der Integration in Deutschland helfen. Für das, was die beiden verbindet, ist das aber eigentlich zu formal. Denn mittlerweile sind die beiden Freundinnen.

Hannah und Malak: Wenn die beiden sich treffen, wird gescherzt und gelacht

Hannah (25) aus Bonn und Malak (19), Geflüchtete aus Afrin/Syrien haben sich durch Vermittlung des Mentorenprogramms von save me Bonn kennengelernt.

„Ich habe so viel über Syrien in den Medien gelesen. Ich wollte nicht mehr immer über geflüchtete Menschen sprechen, sondern mit ihnen. Als dann eine Freundin aus Köln ein geflüchtetes Geschwisterpaar begleitete, suchte ich im Internet nach Möglichkeiten in Bonn.“ Die Germanistik-Studentin fand save me – und lernte schon knapp drei Wochen später Malak kennen. Für die Syrerin bedeutete es den ersten regelmäßigen Kontakt mit einer Deutschen außerhalb von Behörden. Die junge Frau findet zwar immer schnell Anschluss, aber „man geht ja auch nicht einfach auf jemanden zu und sagt: Hallo, ich möchte dich kennen lernen.“

Malak aus Afrin und Hannah aus Bonn

Malak kommt Ende 2015 mit ihrer Mutter in Schweinfurt an. Der große Bruder war schon da, der Vater und der kleine Bruder kommen später nach. Seit Januar 2016 sind sie in Bonn. Viele Kurden aus Afrin, einer Stadt in Syrien im Gouvernement Aleppo, leben nach ihrer Flucht ebenfalls hier. „Wenn wir unterwegs sind, kennt Malak fast mehr Menschen als ich“, lacht die gebürtige Bonnerin Hannah. Aber Kontakt zu Deutschen hatte Malak wenig. Mit Hannah hat sich das geändert, nun kann sie nicht nur öfter Deutsch sprechen, sondern lernt auch deutsche Bräuche und Eigenheiten. Eine ist ihr ganz besonders aufgefallen: „Die Deutschen lieben Papier. Es gibt für alles einen Beleg“, lacht die junge Frau, die studieren möchte, wenn ihr Deutsch gut genug dafür ist.

Austausch macht Spaß

Voneinander lernen – etwas, das die Freundschaft der beiden begleitet: Hannah lernt die syrische Kultur kennen, mag die Feiern. „Sie sind lauter als bei den Deutschen, aber auch wirklich spannend!“ So erlebte sie, wie die Syrer den Weltfrauentag zelebrieren und das kurdische Neujahrsfest, das über drei Tage im Beueler Brückenforum gefeiert wurde. Hannah wiederum nimmt Malak mit zu Freunden und zum Karneval. Als Indianerinnen verkleidet genossen sie die gemeinsame Zeit, und obwohl Malak zuerst kein Wort des kölschen Liedgutes verstand, hat es ihr sehr gut gefallen. Auch Hannahs Umfeld hat Malak sehr gut aufgenommen. Manche davon haben sogar selbst Interesse daran, eine Mentorenschaft zu übernehmen, um neue Menschen kennenzulernen

Gerade am Anfang haben die beiden aber auch viel über Politik gesprochen. Für Hannah war es wichtig zu erfahren, wie Malaks Sicht der Dinge auf Syrien ist, um so einen anderen Zugang zum Land und den Menschen zu bekommen.

Und auch wenn Malak irgendwann, wenn der Krieg vorbei ist, lieber wieder in Syrien leben möchte, sieht man hier, was gelungene Integration bedeuten kann: Gitarre spielen kann Malak zwar immer noch nicht. Aber dafür hat sie in Hannah eine Freundin gewonnen.

Interview und Text: Josephine Thiel (August 2017)