„Mein Hauptantrieb war Neugier”, sagt Diana Körber (38) über ihre Mentorenschaft bei save me, die sie im Mai 2016 für ein junges syrisches Ehepaar übernahm. „Ich habe so viel gehört über Flüchtlinge, aber hatte keinen direkten Kontakt und wollte mir mein eigenes Bild machen.” Diana hat noch einen Grund für ihr Engagement: „Meine Oma ist als kleines Mädchen mit ihrer Familie nach dem Krieg aus Schlesien nach Thüringen gekommen. Sie wurde dort zuerst nicht wohlwollend aufgenommen und hat oft davon erzählt. Wenn ich mir vorstelle, dass ich meine Heimat verlassen muss, dann würde ich mir auch wünschen, dass mir jemand helfen würde, mich im neuen Alltag zurechtzufinden.” Genau hier setzt das Mentorenprogramm von save me Bonn an: Es soll geflüchtete Menschen durch den Kontakt zu Bonnern unterstützen, sich schnell zu integrieren.

Diana weiß noch genau, wie sie erwartet hatte, dass die Syrerin Hifaroun Omar (24) ein Kopftuch tragen würde. Aber so war es nicht, denn die syrische Frau ist evangelisch, ihr Mann Shiar (28) Moslem. „Das überraschte mich. Da merkte ich gleich, dass ich noch viel Neues lernen kann.”

Foto von Diana, Hifaroun und Shiar mit ihren Kindern

von links: Diana, Hifaroun und Shiar mit ihren Kindern

Als sie sich kennen lernten, hatte die Mentorin aus Lessenich gerade ihren Sohn geboren, Hifaroun war schwanger. Die Teamleiterin im Kundenservice eines Telekommunikationsunternehmens und das syrische Ehepaar hatten auch deswegen direkt einen Draht zueinander. Seither ist der Kontakt regelmäßig. Die Mentorin konnte beim Mietvertrag für die Wohnung am Brüser Berg und bei dessen Einrichtung unterstützen. Dass beide Familien kleine Kinder haben und sie somit ähnliche Themen beschäftigen, erleichtert den Zugang zueinander. Miteinander kommuniziert wird häufig über WhatsApp. So kann man auch mal zwischen den Treffen Fragen stellen und die Antworten kommen schnell zurück.

Gegenseitig voneinander lernen

Für Hifaroun und Shiar, die jetzt mit ihrem Sohn Kawa zu dritt sind, ist der Kontakt zu ihrer Mentorin in der Freizeit und als Ansprechpartnerin für bürokratische Fragen toll. Sie haben in Deutschland aber nicht nur gute Erfahrungen gemacht: „Dianas Familie und Freunde sind alle so nett und offen, aber im Erst-Aufnahmelager in Sachsen haben wir auch viele Menschen kennen gelernt, die uns nicht so freundlich empfangen haben”, erzählt Shiar. Aber es gibt auch positive Erlebnisse. So erzählt Shiar überrascht von der Anzeige an Anonym, die er bei der Polizei stellen musste, weil seinem Auto beim Parken ein Spiegel abgefahren wurde: „Dass wir bei so einem Problem zur Polizei gehen können und diese sich freundlich darum kümmert, das kennen wir so nicht.”

Überhaupt: Das Ehepaar und Diana samt Familie lernen viel voneinander. „Bei allem, was man immer von Menschen aus Syrien liest und hört: Hifaroun und Shiar sind ganz normale junge Leute. Ich kann mit ihnen über alles lachen und wir finden in der jeweilig neuen Kultur Dinge, die interessant, aber auch blöd sind”, sagt Diana. „Die beiden unterscheiden sich aber auch von gleichaltrigen Deutschen – da sie, im Vergleich zu ihnen, früh Eltern geworden sind, und damit viel Verantwortung mit einer ungewissen Perspektive haben.”

Anerkennung der Ausbildung schwierig

So suchte Shiar lange nach einer Ausbildung in Deutschland, obwohl die Eheleute in ihrer Heimat schon fast ihr Studium der französischen Literatur abgeschlossen hatten, um dort Lehrer zu werden. Angerechnet wird ihnen bei einer Wiederaufnahme des Studiums in Deutschland nichts. Dennoch: Er hat nun endlich einen Ausbildungsplatz bekommen! Bei Dianas Arbeitgeber wird er zum Kaufmann für Dialogmarketing ausgebildet. Und mit Diana haben beide eine Mentorin, die sie bei ihrem Weg hier in Bonn auch weiterhin unterstützt.

Interview und Text: Josephine Thiel (September 2017)