„Das direkte Gespräch ist der beste Weg, um nachzufragen und Vorurteile abzubauen“ begründet Organisator Alaa Alhlwany seine Idee. Um mehr über das Judentum zu erfahren, haben sich am Montag, 10. Dezember, rund 20 Frauen und Männer aus Bonn, Syrien, dem Irak und Litauen zusammengefunden.

Ein kurzes Summen, schon öffnet sich die schwere dunkelbraune Tür der Synagoge. In einem warmen und hellen Vorraum empfängt die Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde, Ricky Kaminski, die Freizeitgruppe der Flüchtlingshilfe Bonn.

„Wenn ich etwas über einen anderen Glauben wissen möchte, frage ich doch am besten die Menschen aus der Religion selbst“, erklärt der Iraker Abbas Jaber Obaid den Grund für seinen Besuch. Ihn interessiert zum Beispiel, ob Männer und Frauen im Judentum die gleichen Rechte haben.

Bevor Ricky Kaminski die Fragen im holzvertäfelten Gebetsraum beantwortet, bekommt jeder Mann eine Kippa ausgehändigt. Dem ungeübten Träger rutscht sie allzu leicht vom Hinterkopf, doch schließlich sitzt die traditionelle Kopfbedeckung und die Fragerunde kann beginnen.

Neugierige Besucher mit vielen Fragen im Gepäck

„Beten Frauen und Männer getrennt?“ „Gibt es verschiedene Strömungen im jüdischen Glauben?“  „Welche Rolle spielen Mohammed und Jesus im Judentum?“ – Die Besuchergruppe stellt Fragen über Fragen. Schnell wird klar, dass sich die Gebetspraxen von Gemeinde zu Gemeinde unterscheiden und dass Mohammed und Jesus anders als im Islam keine Propheten sind. Während der Diskussion kommen aber auch die Gemeinsamkeiten zwischen den Weltreligionen zum Vorschein – allen voran der Glaube an den einen Gott.

Das litauisch-irakische Ehepaar Ramune und Younis Sairany machte der gemeinsame Glaubensursprung der drei Religionen neugierig. Beide waren nach dem Besuch von der Gastfreundschaft der Gemeinde begeistert: „Wir freuen uns, dass die Synagoge für interessierte Besucher offensteht“, erklärt Ramune.

Nach dem Besuch ist Alaa Alhlwany von dem Interesse der Teilnehmenden überwältigt. Der 28-Jährige hat das Treffen der Freizeitgruppe organisiert: „Für viele war es heute der erste Besuch in einer Synagoge und das direkte Gespräch ist der beste Weg, um nachzufragen und Vorurteile abzubauen“, erzählt der Student aus Syrien. Im Januar geht das Kennenlernen weiter. Dann plant das Freizeitprogramm den Besuch einer Kirche und einer Moschee, zu dem alle Interessierten herzlich eingeladen sind.

(Bericht: Anne Schnadt, Fotos: Gaby)